COVID-19 hat Distance Learning zum Alltagsbegriff gemacht. Aber schon vor der Corona-Pandemie ging der Trend in Richtung digitales Lernen. Besonders im Hochschulbereich bevorzugen immer mehr Lernende Online-Vorlesungen. Eine amerikanische Universität hat diese Entwicklung erkannt und ein E-Learning-Programm eingeführt, das Studierenden unter anderem eine grundlegende Fähigkeit vermittelt: das erfolgreiche Lernen im Internet.
In diesem Artikel erfahren Sie, wie die California State University Channel Islands (CSUCI) ihr Distance-Learning-Programm aufgebaut hat. Die Erfahrungen der Universität dienen als Leitlinie für Hochschulen auf aller Welt, die ebenfalls einen Einstieg in das digitale Lernen erwägen.
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Ratgeber anfordernAls die Universitätsleitung der CSUCI entschied, einen kleinen Teil des Kursangebots – rund 12 Prozent – im E-Learning-Format bereitzustellen, war die Fakultät eher skeptisch. Die Dozenten machten sich Sorgen um das Lernumfeld der Studierenden und fürchteten, dass technische Probleme ihren Lehralltag erschweren würden.
Dr. Jill Leafstedt, Associate Vice Provost der Abteilung Innovation und Fakultätsentwicklung, fasst die Bedenken des Lehrkörpers zusammen: „Die Dozenten waren bereit, Online-Vorlesungen anzubieten, aber sie hatten Angst, von den Studierenden mit Fragen überflutet zu werden.“
Neue Strategien für das E-Learning
Ein Team von Instruktionsdesignern machte sich auf die Suche nach Lösungen, um diesem Problem vorzubeugen. Was, wenn den Studierenden bereits vor Kursbeginn die nötigen Hilfsmittel für Erfolg im Fernunterricht an die Hand gegeben würden? Dies würde einen reibungslosen Kursablauf für alle Beteiligten begünstigen.
Die Idee stieß auf positive Resonanz bei der Fakultät. Allerdings gab es noch einige Fragen zu klären: Würde ein Kurs mit Tipps à la „erfolgreiches Lernen im Internet“ die Anzahl der technischen Supportanfragen an die Fakultätsmitglieder reduzieren? Und wenn ja: Wie ließe sich eine Vorbereitung der Studierenden auf das digitale Lernen über sämtliche Fachbereiche hinweg effizient organisieren?
Laut einer Studie von Britto & Rush (2013) ist die Studienabbruchquote geringer, wenn die Studierenden an einer Orientierungsveranstaltung teilgenommen haben. Dieses Ergebnis war durchaus vielversprechend. Also machten sich die Instruktionsdesigner daran, einen interaktiven Kurs zu entwickeln, der die Studierenden an das Online-Lernumfeld heranführen sollte.
Distance-Learning mit dem Mensch im Mittelpunkt
Der Universitätsleitung war klar, dass ein Einführungskurs zur E-Learning-Strategie weitaus mehr als technische Kompetenzen vermitteln müsse. „Wir wollten den Studierenden Sicherheit geben und ihnen helfen, eine engere Verbindung zu ihrer Lehranstalt und zu ihren Studienkollegen aufzubauen“, erklärt die Lernberaterin Jamie Hoffman.
Zu den übergeordneten Zielen des Kurses gehörte, die Teilnehmer mit den nötigen Technologien vertraut zu machen und die Lernkompetenz der Studierenden zu fördern.
Der Einführungskurs in das Distance-Learning wurde schrittweise entwickelt. Zuerst wurde Feedback von einer Versuchsgruppe aus Studenten und Studentinnen eingeholt. Eine wichtige Empfehlung dieser Gruppe war, Videos der Studierenden zu integrieren. In der zweiten Phase starteten einige Dozenten Pilotprojekte mit ihren eigenen Kursen. Anschließend kommentierte eine Gruppe aus 10 Lehrkräften die Feldversuche. Ihr Feedback diente als Ausgangspunkt für Änderungen am Kursformat.
Das Ergebnis: Ein ein- bis dreistündiger E-Learning-Kurs Learning Online 101, den Studierende im selbstbestimmten Tempo durcharbeiten können. Der Kurs besteht aus fünf Modulen. Zu den behandelten Themen gehören unter anderem, wie man eine positive Einstellung bewahrt und wie man sich im Online-Lernumfeld zurechtfindet, z. B.:
- Wo finde ich meine Hausaufgaben?
- Wie finde ich mich im Lernmanagementsystem zurecht?
- Wo finde ich die Bürozeiten meines Dozenten?
Weitere Inhaltsschwerpunkte sind Zeitmanagement und Unterstützungsangebote der Universität, wie z. B. der elektronische Zugang zur Bibliothek.
Digitales Lernen erfordert mehr als Tech-Kompetenz
Zu Beginn herrschte Unklarheit über die optimale Kurslänge. Stattdessen konzentrierten sich die Instruktionsdesigner darauf, die wichtigsten Themengebiete abzudecken. „Das Ganze war Neuland für uns. Wir dachten, die Studierenden wären vor allem an den technischen Voraussetzungen interessiert“, sagt Hoffman. „Aber auch die anderen Themen kamen sehr gut an.“ Den Studierenden gefiel, dass sie den Kurs im eigenen Tempo absolvieren konnten. „Im Laufe des Kurses hatten sie immer wieder die Gelegenheit, technologische Vorteile zu nutzen“, sagt Hoffman. Ganz nebenbei erhielten sie einen kleinen Benimmkurs für die technische Kommunikation.
„Ich wollte vor allem die technischen Hürden aus dem Weg räumen“, erklärt Dr. Leafstedt. „Aber neben dem technischen Support gab es noch andere wichtige Punkte zu bedenken – wie teile ich meine Zeit ein, wie schließe ich Bekanntschaften.“ Da Eigeninitiative ein wichtiger Erfolgsfaktor beim selbstbestimmten Lernen im Internet ist, war klar, dass dieses Thema angesprochen werden musste. „Wir hatten sogar überlegt, dem Thema Zeitmanagement eine ganze Lektion zu widmen“, so Hoffman.
Lernen im Internet zugänglich und persönlich gestalten
Ein Schlüsselfaktor bei der Gestaltung des Onlinekurses war die Einbeziehung echter Menschen. „Wo auch immer es ging, haben wir Gesichter gezeigt“, erklärt Hoffman. „In einem Video haben Dozenten mit Studierenden über ihre Erfahrungen gesprochen. Wir wollten alles so persönlich wie möglich gestalten.“ Der Kursinhalt im Überblick:
- Eine Video-Begrüßung des Hochschulleiters
- Videos mit Ratschlägen von Dozenten und Studierenden
- Bilder der Gemeinde Channel Islands, darunter auch Fotos und Abbildungen des Uni-Geländes
Die menschliche Komponente war ein Schwerpunkt bei der Kursgestaltung. „Die Studierenden werden einige ihrer Dozenten oder Studienkollegen in den Videos wiedererkennen“, sagt Dr. Leafstedt. „Das stärkt ihr Gefühl, hierher zu gehören.“ Der Kurs nennt auch einen Ansprechpartner für Studierende, die persönliche Unterstützung benötigen. „Da sie nicht vor Ort sind, können sie keine persönliche Verbindung aufbauen“, führt Dr. Leafstedt an. „Daher versuchen wir, Wege zu finden, dies online zu tun.“
Bei den Studierenden ist das Modul „Navigating the Online Classroom“ [etwa: Wie Sie sich im Online-Klassenzimmer zurechtfinden] am beliebtesten, gefolgt von „Having a Positive Mindset“ [etwa: Wie Sie eine positive Einstellung bewahren]. „Wir fanden eine derartige Einführung wichtig, aber waren uns nicht sicher, ob das bei den Studierenden ankommen würde“, so Hoffman. Doch die Resonanz war positiv.
Am Ende jedes Moduls können die Studierenden ein Lernabzeichen erwerben. So lässt sich die Abschlussquote leicht verfolgen. Darüber hinaus werden nützliche Dateneinblicke geliefert, erläutert Dr. Leafstedt. „Nicht nur für unsere Dozenten, sondern auch für Verwaltungszwecke ist es wichtig zu wissen, was innerhalb des Kurses vorgeht.“
Der Kurs beinhaltet interaktive Elemente, die viele der Studierenden freiwillig nutzen. „Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind“, sagt Hoffman.
Umsetzung, Ergebnisse und Resonanz
Der Kurs wurde im Herbst 2018 eingeführt. Von den 8.000 Studierenden an der Universität arbeiteten sich 961 (ca. 12 Prozent) durch alle Module. 87 Prozent erwarben Lernabzeichen. Die Mehrheit (56 Prozent) der Teilnehmer belegte den Kurs zur Vorbereitung für ein komplettes E-Learning-Programm. Interessanterweise absolvierten einige Studierende den Kurs, um bestehende Kompetenzen zu erweitern: 68 Prozent der Teilnehmer hatten in der Vergangenheit bereits einen Onlinekurs besucht.
Das Feedback der Kursteilnehmer war überragend: „Der Online-101-Kurs hat mir sehr geholfen. Ich befinde mich im letzten Studienjahr an der CSUCI und wünschte, es hätte diesen Kurs schon früher gegeben. Das wäre nützlich gewesen bei meinen Onlinekursen. Ich hatte zwar schon vorher Onlinekurse belegt, aber hier habe ich gelernt, wie man noch erfolgreicher im Kurs arbeitet und den Anschluss nicht verliert. Außerdem habe ich gute Tipps erhalten, wie man besser lernt und am Ball bleibt! Meiner Meinung nach sollte dieser Kurs verpflichtend sein, weil er so viele nützliche Informationen enthält!“
Nach Abschluss des Kurses fühlten sich 63 Prozent der Studierenden sehr gut auf das digitale Lernen im Internet vorbereitet. 92 Prozent der Teilnehmer erzielten mindestens 80 Prozent der möglichen Punkte bei den Wissensabfragen in den einzelnen Modulen. Nur fünf Teilnehmer meldeten sich mit Fragen zum Kursablauf.
Eine enge Zusammenarbeit während der Testphasen erhöhte das Engagement der Fakultät. Über Mundpropaganda wurde Begeisterung für den Kurs geweckt. „Die Einführung in der Fakultät lief sehr individuell ab“, sagt Dr. Leafstedt. Dozenten wurden ermutigt, den Kurs in der ersten Unterrichtswoche zu ihren eigenen Angeboten hinzuzufügen. „Mit unserem Lernmanagementsystem und Canvas Commons ist es einfach, Ressourcen kursübergreifend bereitzustellen“, erklärt Dr. Leafstedt. Mit Hilfe von Screenshots zeigte die Universitätsleitung Schritt für Schritt, wie die Lehrkräfte den Kurs ins LMS integrieren konnten. „Wir wollten sämtliche Hindernisse für unsere Dozenten aus dem Weg räumen“, so Dr. Leafstedt. Anhand von automatisierten Wissensabfragen in Canvas können die Dozenten jederzeit verfolgen, wenn Kursteilnehmer ein neues Lernabzeichen erworben haben.
Nächste Schritte
Laut Dr. Leafstedt kommt der Einführungskurs bei Lehrkräften und Lernenden gut an. Aber er hat auch neue Fragen aufgeworfen: Haben sich die Leistungen der Studierenden dadurch verbessert? Sind die Ergebnisse über alle Fachbereiche hinweg gleich? Brauchen Studierende in manchen Fachbereichen besondere Hilfestellung? Müssen Dozenten jetzt weniger technische Fragen beantworten? Ist die Absprungrate bei Onlinekursen geringer geworden, vor allem innerhalb der kritischen ersten drei Wochen?
Inzwischen will ein weiterer Campus der California State University den Kurs einführen und in das dort verwendete Blackboard-gestützte LMS integrieren. An der CSUCI wird vom Bereich Teaching and Learning Innovations zusätzlich ein Onlinekurs mit Tipps für Dozenten angeboten, wie man den persönlichen Touch beim digitalen Lernen bewahrt. Außerdem gibt es eine Arbeitsgemeinschaft zur Verbesserung von pädagogisch-technischen Fähigkeiten. Beides sind freiwillige Angebote mit dem Ziel, Distance-Learning-Kompetenzen campusweit zu fördern.
Diese Inhalte wurden von folgenden Personen bei Educause präsentiert: Jamie Hoffman, unabhängige Lernberaterin, Noodle Partners; Dr. Jill Leafstedt, Associate Vice Provost, Innovation und Fakultätsentwicklung, CSU Channel Islands.
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